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Greta

© Braunschweiger Zeitung 2020

Stipendiatin zeichnet sich selbst - im Comic

von Reiner Silberstein

Greta von Richthofen ist die neue Stipendiatin im Künstlerhaus Meinersen. Neben ihr stehen (von links) der künstlerische Leiter Jochen Weise und der Vorsitzende des Trägervereins Andreas Schuster.

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© Reiner Silberstein

Meinersen Wie verarbeitet eine Comiczeichnerin wie Greta von Richthofen den Start ihres einjährigen Stipendiums im Künstlerhaus Meinersen ausgerechnet im tiefsten Lockdown der Corona-Pandemie? Ganz einfach: Sie zeichnet ihn. Bang!

 

Zwei Wände im weiß getünchten Atelier der 31-Jährigen sprechen Bände: Da hängen Notizen, Zeittafel, Storyboard mit groben Skizzen und schließlich die ersten fertigen Bilder einer neuen Geschichte. Auf den Zeichnungen ist das Künstlerhaus zu sehen, dann sie selbst, wie sie Mitte April mit einem heißen Getränk die Treppe hinaufsteigt (trapp! Trapp!) , sich an den Tisch ihres Ateliers setzt und über den Anfang grübelt. „Das wird hier mein Projekt“, sagt von Richthofen – ein Comic, das in Meinersen spielt und natürlich von all ihren Eindrücken und Alltagsbeobachtungen geprägt ist. „Sonst zeichne ich gern farbig, aber für dieses habe ich mich für schwarz-weiß entschieden.“ Kritzel!

 

Corona hatte ihre Planungen über den Haufen geworfen. Denn eigentlich hatte die in Wien geborene Künstlerin anderes im Sinn: eine Story mit einem Nashorn. Rooaaaar! „Aber dazu hätte ich in Museen recherchieren müssen“, sagt sie, vielleicht auch ins Ausland fahren müssen – wrooom! – alles nicht möglich. Aber ihre Richtung, realitätsnahe, dokumentarische Erzählungen nach intensiven Recherchen, sind in Meinersen auch ohne Nashorn möglich. Hier erwartete die in Hamburg und Kassel Illustration-und-Comic-Studierte nämlich völlig Neues: „So viel Natur und Dorfleben kannte ich überhaupt nicht.“ Und sie findet es trotz Corona „sehr lebhaft“. Ring, ring! Quietsch! Schlidder!

Comic-Zeichnerinnen und Zeichner sind im Künstlerhaus nicht alltäglich, wie der künstlerische Leiter Jochen Weise bestätigt. Um genau zu sein: Von Richthofen ist die erste. „Comic hat sich zu einer künstlerischen Gattung entwickelt“, sagt er, „wir finden das sehr spannend.“ Daher habe man diesmal für die Ausschreibung speziell zwölf Kunsthochschulen angeschrieben, die auch Comic unterrichten. Tip, tippeltippel, tap! „Wir schreiben immer bundesweit aus“, so Andreas Schuster, der Vorsitzende des Trägervereins. Die vierköpfige Jury habe so stets die Wahl zwischen 40 bis 50 Bewerbern, deren Favoriten sie dem Vorstand vorschlägt. Von Richthofen überzeugte dann im Vorstellungsgespräch. Klatschklatschklatsch!

„Ich habe schon als kleines Kind viel gelesen und gezeichnet“, sagt sie. Die Begeisterung für Comics sei schon immer da gewesen. „Mit 16, 17 habe ich dann die deutschen Independent-Autoren entdeckt. Ich dachte mir: Das möchte ich auch machen.“ Yeeeah!

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Ein Ausschnitt aus dem schon bestehenden teil des Meinersen-Comics. Privat

Das Konzeptionelle bringt sie erst einmal mit Stiften zu Papier, aber für die finalen Bilder greift sie zu Tablet-PC und Digitalstift. „Ich zeichne auch analog, aber dann muss man hinterher alles scannen.“ Sursursur! Außerdem lassen sich Fehler nicht korrigieren. Als Endprodukt mag von Richthofen aber doch lieber Handfestes: „Ich liebe Print, gedruckte Comics. Bücher sind Kunstwerke.“ Blätterblätter!

Weise kann schon mal in Aussicht stellen, dass es das Comic aus Meinersen am Ende ebenfalls gedruckt geben wird, ein richtiges Comic-Heft. „Und eine Ausstellung!“, ergänzt Schuster. Sowieso werde 2020 laut Weise ein Jahr ganz im Zeichen des Comics: So werde es noch einen Vortrag des Zeichners Sascha Hommer aus Hamburg über die Geschichte dieser Kunstform geben. Wow!

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